Überblick
Die Arthrose der Wirbelsäule (Spondylose) tritt als Folge des natürlichen Alterungsprozesses auf. Sie kann jedes Segment der Wirbelsäule befallen und dabei Schmerzen und Beschwerden verursachen, die sich im Laufe der Zeit verschlimmern können. Bei der Spondylose handelt es sich um einen Sammelbegriff für die Beschreibung der Schmerzen, die von degenerativen Erkrankungen der Wirbelsäule hervorgerufen werden. Die degenerative Arthrose ist die häufigste Ursache für Schmerzen im unteren Rücken, vor allem bei Menschen über 50 Jahren.
Anatomie (Bandscheiben)
Die Bandscheiben sind Stoßdämpfer, die sich zwischen den Knochen der Wirbelsäule (d.h. den Wirbeln) befinden. Eine gesunde und gut hydrierte Bandscheibe enthält eine große Menge an Flüssigkeit in ihrem Kern, der Nucleus pulposus genannt wird, wodurch der Wirbelsäule Schutz und Flexibilität geboten werden.
Anatomie (Facettengelenke)
Die Facettengelenke verbinden die Wirbel der Wirbelsäule miteinander. Sie verleihen den Wirbeln Stabilität, Halt und Beweglichkeit, insbesondere bei der Streckung, Beugung und Drehung. Jeder Wirbel hat zwei Paare von Facettengelenken. Sie befinden sich im hinteren Abschnitt des Wirbels und aus diesem Grund werden sie auch hintere Wirbelgelenke genannt. Jedes Gelenk bildet sich aus dem unteren Gelenkfortsatz des oberen Wirbels und dem oberen Gelenkfortsatz des darunter liegenden Wirbels. Diese Gelenke sind mit Knorpel überzogen und von einer Kapsel umgeben. Jede Gelenkkapsel enthält viele mikroskopische nozizeptive Fasern (Schmerzrezeptoren), sodass diese Struktur eine potenzielle Schmerzquelle darstellt. Wie andere Körpergelenke auch, sind die Facettengelenke für Entzündung und Degeneration anfällig.
Degenerationsprozess
Der degenerative Prozess beginnt meistens an den Bandscheiben.
Bandscheibendegeneration:
1. Flüssigkeitsverlust
Eine degenerierte Bandscheibe zeichnet sich durch einen deutlich verminderten Flüssigkeits-gehalt aus, sodass sie dünner und weniger beweglich wird. Infolgedessen verringert sich der Abstand zwischen den benachbarten Wirbeln, wodurch ein erhöhtes Risiko für die Bildung von Rissen/Spalten und Brüchen in der Außenschicht (Wand) der Bandscheibe entsteht, die als Faserring oder Annulus fibrosus bezeichnet wird.
2. Bandscheibenriss – Bandscheibenheilung – Schwächung und Kollaps der Bandscheibe
Die Bandscheibe ist nicht in der Lage, sich von selbst richtig zu heilen, da sie nicht direkt mit Blut versorgt wird. Demnach wird ein Riss/Spalt im Faserring entweder nicht heilen oder die Bildung von Narbengewebe zur Folge haben, welches nicht so stark wie gesundes Gewebe ist. Eine weitere Schwächung der Bandscheibe kann zu einem erneuten Riss führen und letztendlich einen Kollaps hervorrufen.
3. Abbau des Knorpels zwischen den Facettengelenken – Facettensyndrom
Wenn der Abstand zwischen den zwei Wirbeln über und unter der betroffenen Bandscheibe kleiner wird, gibt es weniger „Puffer“ zwischen ihnen und die Wirbelsäule wird instabiler. Die Facettengelenke, d.h. die Stellen, an denen die Wirbel in Kontakt kommen, sind gezwungen, sich zu verschieben. Hierdurch kann ihre Funktion beeinträchtigt werden. Der Knorpel, der die betroffenen Facettengelenke überzieht, wird allmählich abgenutzt. Die Gelenke schwellen an und werden steif. Die Wirbelknochen reiben direkt aufeinander, sodass es zu einer möglichen Bildung von Osteophyten an den Rändern der Facettengelenke und zu einer Vergrößerung der Gelenke kommen kann. Das Facettensyndrom tritt dann auf, wenn diese Gelenke belastet und beschädigt werden.
4. Bildung von Osteophyten
Um die Lücke zwischen den beiden Wirbeln zu schließen, kann zudem der Körper als Reaktion Knochensporne bzw. Osteophyten bilden – kleine Knochenvorsprünge, die sich entlang der Knochenränder entwickeln. Die Osteophyten können Druck auf die Spinalnervenwurzeln oder das Rückenmark ausüben und dadurch Schmerzen hervorrufen und die Funktion der Nerven beeinträchtigen.
5. Spinalkanalstenose
Aufgrund der Wirbelverschiebung und der überschießenden Knochenbildung (Knochensporne bzw. Osteophyten) kann der Raum, in dem die Nervenwurzeln verlaufen, schmaler werden. Dies kann eine mögliche schädliche Kompression des Rückenmarks oder der Nervenwurzeln zur Folge haben.
Symptome
Der Schmerz, der von den Facettengelenken ausgeht, variiert je nach betroffener Region der Wirbelsäule. Bei einer Lokalisation im oberen Teil der Wirbelsäule, treten die Schmerzen potenziell im Nacken, in den Schultern und im oberen oder mittleren Teil der Wirbelsäule auf. Zudem ist es möglich, dass der Patient unter Kopfschmerzen leidet. Bei einer Lokalisation im unteren Teil der Wirbelsäule, treten die Schmerzen potenziell im unteren Rücken auf und strahlen in das Gesäß, die Leiste, den Unterbauch und die Rückseite des Oberschenkels aus.
Bei einer Spinalkanalstenose können die Symptome je nach Lokalisation und Ausprägung der Stenose unterschiedlich sein. Ein betroffener Spinalnerv im unteren Rücken kann Schmerzen,
Kribbeln, Taubheitsgefühl und/oder Schwäche hervorrufen, welche vom unteren Rücken in das Gesäß und die Beine ausstrahlen. Ein betroffener Spinalnerv im Bereich des Nackens kann Schmerzen, Kribbeln, Taubheitsgefühl und/oder Schwäche verursachen, welche vom Nacken entlang des betroffenen Nervs in die Schulter, den Oberarm und/oder die Hand ausstrahlen.
Behandlung
Die Behandlung der schmerzhaften degenerativen Erkrankungen konzentriert sich primär auf die Linderung der Schmerzen, die Stabilisierung der Wirbelsäule und die Verbesserung bzw. Erhaltung der Beweglichkeit. Diese Erkrankungen können zumeist erfolgreich ohne Operation mit Ruhe, Stufenlagerung mit 90 Grad angewinkelten Hüft- und Kniegelenken in Rückenlage (entlastende Lagerung), Wärmetherapie, Analgetika bzw. Antiphlogistika und Physiotherapie behandelt werden.
Darüber hinaus kann auch eine Infiltration oder Blockade der Facettengelenke durchgeführt werden, um die Schmerzen zu diagnostizieren und zu behandeln. Wenn die üblichen konservativen Therapiemethoden keine Wirkung aufweisen und der Patient positiv auf die Facettengelenksblockade reagiert hat, dann kommt als nächste Therapieoption die Radiofrequenzdenervation der Facettengelenke in Betracht. Bei chronischem, besonders schwerem und therapieresistentem Facettengelenksyndrom kann die Option einer Operation mit Spondylodese (Fusion) erwogen werden.
Die Therapieoptionen für die Behandlung der Spinalkanalstenose hängen von derer Lokalisation und der Ausprägung ab. Die Spinalkanalstenose wird meistens ohne Operation mit einer Kombination aus Schmerztherapie, Physiotherapie und therapeutischen Injektionen an der Wirbelsäule erfolgreich behandelt. Eine operative Behandlung kann sinnvoll sein, wenn die konservativen Therapiemethoden keine ausreichende Schmerzlinderung erzielen und die Lebensqualität des Patienten weiterhin beeinträchtigt ist oder wenn ein schweres neurologisches Defizit wie progressive Muskelschwäche vorliegt.
Literaturangaben
1. Kraemer J., Hasenbring M., Kraemer R., Taub E., Theodoridis T., Wilke H.J.: Intervertebral Disc Diseases: Causes, Diagnosis, Treatment and Prophylaxis. Thieme 2009.
2. Laplante B., DePalma M.: Spine Osteoarthritis. American Academy of Physical Medicine and Rehabilitation 2012; 4: 28-36.
3. Kalichman L., Hunter D.: Lumbar Facet Joint Osteoarthritis: A Review. Semin. Arthritis Rheum 2007; 37(2): 69-80.