Überblick
Beim Postdiskotomie-/Postlaminektomie-/Postfusions-Syndrom (Failed Back Surgery Syndrome) handelt es sich um eine anerkannte medizinische Diagnose für anhaltende chronische Schmerzen und Symptome, welche nach einer Wirbelsäulenoperation im Bereich des Nackens oder des Rückens fortbestehen. Eine Wirbelsäulenoperation wird in der Regel durchgeführt, um zwei Hauptziele zu erreichen: einerseits soll eine komprimierte Nervenwurzel entlastet werden und andererseits soll ein schmerzendes Gelenk stabilisiert werden. Das Postdiskotomie-/Postlaminektomie-/Postfusions-Syndrom tritt auf, wenn diese Ziele nicht erreicht werden oder wenn beim operativen Eingriff an der Wirbelsäule eine Nervenwurzel oder eine andere Struktur nahe an der Operationsstelle verletzt wird.
Ursachen (Fehldiagnose)
Der Erfolg einer Wirbelsäulenoperation hängt größtenteils von der korrekten Diagnose des Schmerzursprungs ab. Der häufigste Grund für eine Persistenz der Symptomatik oder das Auftreten neuer Symptome postoperativ ist die Tatsache, dass der operierte pathologische Befund, der mit bildgebenden Verfahren erhoben wurde, nicht die tatsächliche bzw. die einzige Schmerzquelle war. Ein möglicher Grund dafür ist, dass die Wirbelsäule ein komplexes Gebilde aus zahlreichen Strukturen und beweglichen Gelenken ist und der Schmerz in vielen Fällen von mehr als einer dieser Strukturen hervorgerufen wird. Eine große Einschränkung bei der Behandlung der Erkrankungen der Wirbelsäule ist der Mangel an dynamischen bildgebenden Verfahren, die während der Bewegung der Wirbelsäule bzw. bei der Ausführung einer Bewegung, die die Symptome auslöst, durchgeführt werden können.
Ursachen (Änderung der Biomechanik – Postoperative Instabilität)
Aufgrund der Änderung der Biomechanik (unter dem Begriff Biomechanik wird die kombinierte Untersuchung der Bewegungen aus anatomischer, physiologischer und auch mechanischer Sicht verstanden) kann nach einer Operation an der Wirbelsäule gegebenenfalls im operierten Bereich die Degeneration der Wirbelsäule beschleunigt werden. Zum Beispiel führt die operative Entfernung eines großen Teils einer Bandscheibe zu abrupten Veränderungen in diesem Bereich, wobei die benachbarten Strukturen keine Zeit zur Anpassung haben.
Ursachen (Rezidivierender Bandscheibenvorfall)
Die Bandscheiben sind Stoßdämpfer, die sich zwischen den Knochen der Wirbelsäule (d.h. den Wirbeln) befinden. Jedes Mal, wenn Bandscheibengewebe entweder von sich aus aufgrund eines Bandscheibenvorfalls oder nach einer operativen Exzision aus dem Zwischenwirbelraum entfernt wird, wird die Bandscheibe als osmotisches System in ihrer Integrität gestört. Höhenminderung und Elastizitätsverlust beeinträchtigen ihre biomechanischen Eigenschaften, was das Risiko für einen Rezidiv-Bandscheibenvorfall steigert.
Ursachen (Facettensyndrom)
Wenn der Abstand zwischen den zwei Wirbeln über und unter der betroffenen Bandscheibe kleiner wird, gibt es weniger „Puffer“ zwischen ihnen und so wird die Wirbelsäule instabiler. Die Facettengelenke, d.h. die Stellen, an denen die Wirbel aufeinandertreffen, sind gezwungen, sich zu verschieben. Sie werden ineinandergeschoben und dadurch kann ihre Funktion beeinträchtigt werden.
Der Knorpel, der die betroffenen Facettengelenke überzieht, baut sich allmählich ab. Die Gelenke schwellen an und werden steif. Die Wirbelknochen reiben dann direkt aufeinander, was zur Bildung von Knochenvorsprüngen (Osteophyten) an den Rändern der Facettengelenke und zur Vergrößerung der Gelenke führen kann.
Die Facettenerkrankung bzw. das Facettensyndrom bezieht sich auf die Schmerzen, die von den Zwischenwirbelgelenken ausgehen.
Ursachen (Spinalkanalstenose)
Aufgrund von Wirbelverschiebungen und überschießender Knochenbildung (Knochenvorsprünge oder Osteophyten) kann der Raum, durch den die Nervenwurzeln verlaufen (Wirbelkanal), kleiner werden. Dies hat eine schädliche Kompression des Rückenmarks oder der Nervenwurzeln zur Folge.
Ursachen (Narbige Verwachsungen – Epidurale Fibrose)
Die Bildung von Narbengewebe ist Teil des natürlichen Heilungsprozesses nach einer Operation an der Wirbelsäule. Das Ausmaß der postoperativen Narben (Verwachsungen) hängt größtenteils von der Neigung des Patienten zur Bildung von Narbengewebe ab. Die Narbenbildung kann zudem durch exogene Faktoren begünstigt werden, wie zum Beispiel postoperative Komplikationen durch starke Blutungen, Verletzungen der Nervenwurzeln und unzureichende postoperative Pflege.
Obwohl das Narbengewebe der Auslöser der Schmerzen sein kann, befindet sich der Ausgangspunkt der Schmerzreize nicht direkt im Narbengewebe, da dieses keine Innervation besitzt. Es wird im Gegenteil vermutet, dass der Hauptmechanismus der Schmerzen die Kompression oder Einklemmung der Nervenwurzel durch fibröse Verwachsungen ist ( epidurale Fibrose).
Ursachen (Spondylodese/Fusion)
Bei der Spondylodese-Operation wird ein Segment der Wirbelsäule dauerhaft mit einem anderen oder mehreren Segmenten versteift, damit wenig Bewegung zwischen diesen Segmenten zulässig ist. Auf diese Weise kommt es zur zusätzlichen Belastung auf die Segmente über und unter dieser Fusion, wodurch gegebenenfalls degenerative Veränderungen und Schmerzen in den besagten Bereichen verursacht werden können.
Zudem kann eine Fusion der Lendenwirbelsäule mit dem Kreuzbein sowie eine Fusion mehrerer Segmente der Wirbelsäule zu einer Erkrankung des Iliosakralgelenks (Iliosakralgelenk-Syndrom) führen.
Bei einer Spondylodese besteht ferner das Risiko, dass keine richtige Fusion erreicht wird.
Ursachen (Muskuläre Dekonditionierung)
Die Änderung der Biomechanik aufgrund einer Rückenoperation kann zum erhöhten Tonus der Muskeln der Wirbelsäule führen, die ihre Bewegungen unmittelbar kontrollieren. Die vermehrte Belastung dieser Muskeln kann Steifigkeit, Entzündung, Krämpfe und Ermüdung zur Folge haben und all dies kann wiederum Rückenschmerzen auslösen.
Symptome
Die Symptome hängen von der Lokalisation und der betroffenen Struktur ab. Nach Operationen ohne Komplikationen treten die typischen Symptome meistens nach einem asymptomatischen Zeitraum von einigen Monaten auf.
Zu den häufigen Symptomen zählen Schmerzen im operierten Bereich. Diese können akut, brennend oder stechend sein und in das Bein oder den Arm ausstrahlen. Die Schmerzen können auch als diffus, dumpf und andauernd empfunden werden. Begleitend können Kribbeln, Taubheitsgefühl und/oder Schwäche in den Extremitäten auftreten.
Behandlung
Die Therapieoptionen für das Postdiskotomie-/Postlaminektomie-/Postfusions-Syndrom hängen vom betroffenen Bereich und vom Schweregrad der Symptome ab. Die Basis der Initialbehandlung besteht aus einer Kombination aus Schmerztherapie, Physiotherapie und therapeutischen Injektionen an der Wirbelsäule.
Eine Operation kann empfohlen werden, wenn die konservativen Behandlungsmöglichkeiten zu keiner ausreichenden Schmerzlinderung führen und die Lebensqualität des Patienten beeinträchtigt ist oder wenn ein schweres neurologisches Defizit wie progressive Muskelschwäche vorliegt.
Literaturangaben
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3. Baber Z., Erdec M.: Failed Back Surgery Syndrome: Current Perspectives.
Journal of Pain Research 2016; 9: 979-987.










