Überblick
Die diskogenen Schmerzen sind Schmerzen, die auf Schädigungen bzw. Veränderungen der Bandscheibe insbesondere als Folge einer Degeneration zurückzuführen sind. Die degenerative Bandscheibenerkrankung ist eine altersbedingte Erkrankung, die dann auftritt, wenn eine oder mehrere Bandscheiben abgenutzt sind oder Risse/Spalte aufweisen, wodurch oft Schmerzen entstehen. Dies bedeutet allerdings nicht zwangsläufig, dass jede degenerierte Bandscheibe zu diskogenen Schmerzen führt.
Je nach Wirbelsäulensegment, in dem die diskogenen Schmerzen lokalisiert sind, werden sie klinisch als Lumbalgie (Schmerzen im unteren Rücken), Thorakalgie (Schmerzen im oberen Rücken) oder Zervikalgie (Schmerzen im Nacken) wahrgenommen. Die chronischen diskogenen Schmerzen sind ein chronisches Schmerzsyndrom, das mehr als 3 Monate andauert. Es handelt sich um ein häufiges Problem, das die Lebensqualität schwer beeinträchtigt.
Anatomie (Bandscheiben)
Die Bandscheiben sind Stoßdämpfer, die sich zwischen den Knochen der Wirbelsäule (d.h. den Wirbeln) befinden. Sie tragen zur Erhaltung der Flexibilität des Rückens und gleichzeitig zum Widerstand gegen Kräfte bei und sie ermöglichen die Beugung, Biegung und Drehung der Wirbelsäule. Jede Bandscheibe besteht aus einer dicken äußeren Schicht, die als Faserring bzw. Annulus fibrosus bekannt ist, der den weichen gallertartigen Kern umgibt, der Nucleus pulposus genannt wird.
Eine gesunde, gut hydrierte Bandscheibe enthält eine große Menge an Flüssigkeit in ihrem Inneren, d.h. im Nucleus pulposus, wodurch der Wirbelsäule Schutz und Flexibilität geboten werden.
Wie andere Körperteile auch, besitzen die Bandscheiben Nervenfasern / schmerzvermittelnde sensorische Endorgane (Schmerzrezeptoren oder Nozizeptoren), die sich an der Peripherie des Faserrings befinden. Eine Reizung dieser Nervenfasern kann zu diskogenen Schmerzen führen.
Bandscheibendegeneration
1. Flüssigkeitsverlust
Eine degenerierte Bandscheibe zeichnet sich durch einen deutlich verminderten Flüssigkeits-gehalt aus, sodass sie dünner und weniger beweglich wird. Infolgedessen verringert sich der Abstand zwischen den benachbarten Wirbeln, wodurch ein erhöhtes Risiko für die Bildung von Rissen/Spalten und Brüchen in der Außenschicht (Wand) der Bandscheibe entsteht, die als Faserring oder Annulus fibrosus bezeichnet wird.
2. Bandscheibenriss – Bandscheibenheilung – Schwächung und Kollaps der Bandscheibe
Die Bandscheibe ist nicht in der Lage, sich von selbst richtig zu heilen, da sie nicht direkt mit Blut versorgt wird. Demnach wird ein Riss/Spalt im Faserring entweder nicht heilen oder die Bildung von Narbengewebe zur Folge haben, welches nicht so stark wie gesundes Gewebe ist. Eine weitere Schwächung der Bandscheibe kann zu einem erneuten Riss führen und letztendlich einen Kollaps verursachen.
Pathophysiologischer Mechanismus
Eine Störung der normalen Funktion der Bandscheibe kann zu einer deutlichen Abnahme ihrer Fähigkeit führen, die auf sie einwirkende Kräfte effizient zu absorbieren. Die Entstehung von Rissen/Spalten in der Außenschicht (Wand) der Bandscheibe ermöglicht Teilen des Nucleus pulposus, bei jeder Bewegung in diese Risse einzudringen. Das Material des Nucleus pulposus hat hohe Konzentrationen an Entzündungssubstanzen, die lokale Entzündung und Schmerzen verursachen, wenn sie in Kontakt mit den Schmerzrezeptoren (Nozizeptoren) kommen, die sich an der Peripherie des Faserrings befinden.
Neben der degenerativen Bandscheibenerkrankung, die mit dem Alter zusammenhängt, kann die Störung der normalen Funktion der Bandscheibe und die degenerative Veränderung ihres Inhalts Folge einer Verletzung sein. Zudem können Vererbung und ungesunde Ernährung eine Rolle spielen.
Symptome
Die diskogenen Schmerzen nehmen oft durch einige Körperhaltungen und manche Bewegungen zu, die den Druck in der Bandscheibe erhöhen (hoher intradiskaler Druck). Zu diesen zählen Beugen, Drehen, Heben von Lasten, Sitzposition sowie auch Niesen und Husten.
Eine leichte degenerative Bandscheibenerkrankung kann symptomfrei verlaufen. Eine schwere Bandscheibenveränderung hingegen kann die Ursache von starken Schmerzen sein und die Lebensqualität sehr beeinträchtigen. Je nach Wirbelsäulensegment, in dem der diskogene Schmerz lokalisiert ist, manifestiert er sich klinisch als Lumbalgie, Thorakalgie oder Zervikalgie.
Die diskogenen Schmerzen können von Radikulopathie begleitet sein, eine Erkrankung, bei der eine Reizung einer oder mehrerer Nervenwurzeln in der Wirbelsäule vorliegt. Die Lokalisation der Schmerzen hängt dabei von der Lage der betroffenen Bandscheibe ab. Wenn die betroffene Bandscheibe sich im Lendenbereich befindet, kann sie Schmerzen im unteren Rücken, im Gesäß oder im Bein hervorrufen. Wenn sie sich im Nackenbereich befindet, kann sie Schmerzen im Nacken oder Arm verursachen. Die Schmerzen können auch von Störungen der Sensibilität, der Motorik oder der Reflexe begleitet sein.
Diagnostische Untersuchungen (Magnetresonanztomographie, Diskographie)
Die Magnetresonanztomographie (MRT) ist das übliche diagnostische Verfahren, das zur Darstellung der degenerierten Bandscheibe verwendet wird. In Fällen, in denen bestätigt werden soll, dass die Schmerzen von einer bestimmten Bandscheibe ausgehen, kann überdies eine Diskographie durchgeführt werden. Es handelt sich dabei um eine diagnostische Untersuchung, die unter Durchleuchtung durchgeführt wird, wobei Kontrastmittel in die Bandscheibe injiziert wird. Dies führt zur Erhöhung des intradiskalen Drucks und zur Reproduktion der Symptome, im Falle einer betroffenen Bandscheibe.
Behandlung
Die Behandlung der diskogenen Schmerzen konzentriert sich auf die Linderung der Schmerzen, die Stabilisierung der Wirbelsäule und die Verbesserung bzw. die Erhaltung der Beweglichkeit. Diese Erkrankung kann in der Regel erfolgreich ohne Operation mit Ruhe, Stufenlagerung mit 90° angewinkelten Hüft- und Kniegelenken in Rückenlage (belastungsreduzierende Lagerung), Wärmetherapie, Analgetika bzw. Antiphlogistika, orthopädischen Orthesen und Physiotherapie behandelt werden.
Die lumbale oder zervikale Radikulopathie wird meist ohne Operation mit einer Kombination aus Schmerztherapie, Physiotherapie und therapeutischen Wirbelsäuleninjektionen erfolgreich behandelt.
Die intradiskale elektrothermale Therapie (IDET) ist ein minimalinvasives Verfahren für die Behandlung der diskogenen Schmerzen. Unter Durchleuchtung wird eine kleine Nadel/Kanüle in die betroffene Bandscheibe eingeführt. Eine spezielle Radiofrequenzsonde wird dann über die Nadel sehr nahe an den schmerzenden Teil der Bandscheibe eingeführt. Anschließend wird Wärmeenergie verwendet, um die Koagulation der Fasern des Annulus fibrosus hervorzurufen. Ziel des beschriebenen Verfahrens ist, eine Schrumpfung der Risse in der Außenschicht (Wand) der Bandscheibe zu erreichen sowie die Weiterleitung der Schmerzreize zum Gehirn durch die Destruktion der Nozizeptoren (Schmerzrezeptoren) zu hemmen.
Eine operative Behandlung kann sinnvoll sein, wenn die konservativen Therapiemethoden keine ausreichende Schmerzlinderung erzielen und die Lebensqualität des Patienten weiterhin beeinträchtigt ist oder wenn ein schweres neurologisches Defizit wie progressive Muskelschwäche vorliegt.
Literaturangaben
1. Kraemer J., Hasenbring M., Kraemer R., Taub E., Theodoridis T., Wilke H.J.: Intervertebral Disc Diseases: Causes, Diagnosis, Treatment and Prophylaxis. Thieme 2009.
2. Theodoridis T., Kraemer J.: Injektionstherapie an der Wirbelsäule. Manual und Atlas. 3. Auflage. Thieme 2017.
3. Bogduk N.: Practice Guidelines for Spinal Diagnostic and Treatment Procedures. 2. Edition. International Spine Intervention Society 2013.
4. Müller F., Veihelmann A.: Radiofrequenz Behandlung in der Schmerztherapie. Indikationen, Techniken, Durchführung.










