Synovialzyste An Der Wirbelsäule

Überblick

Die Synovialzyste ist eine Raumforderung, die ausgehend vom Gelenkspalt des Facettengelenkes, in den Wirbelkanal hineinwachsen kann. Die häufigste Ursache stellt die degenerative Erkrankung der Facettengelenke dar. Die aller häufigste Lokalisation der Synovialzyste ist zwischen dem 4. und 5. Lendenwirbel (seltener zwischen dem 3. und 4. Lendenwirbel) und tritt in der Regel bei Patienten über 50 Jahren auf. Die Synovialzyste verläuft häufig asymptomatisch und wird als Zufallsbefund entdeckt. Wenn sie in den Wirbelkanal hineinragt, kann es zu einer Spinalkanalstenose und zu einer Kompression der angrenzenden Nervenwurzeln und nachfolgend zu Schmerzen und möglicherweise zu neurologischen Symptomen in den von den betroffenen Nervenwurzeln versorgten Regionen kommen. Die Magnetresonanztomographie (MRT) ist die beste bildgebende Methode zur Diagnose von Gelenkzysten in der Wirbelsäule.

Anatomie (Facettengelenke)

Die Facettengelenke verbinden die Wirbel der Wirbelsäule miteinander. Sie verleihen den Wirbeln Stabilität, Halt und Flexibilität, insbesondere bei der Streckung, Beugung und Drehung. Jeder Wirbel hat zwei Paare von Facettengelenken. Sie befinden sich im hinteren Abschnitt des Wirbels und aus diesem Grund werden sie auch hintere Wirbelgelenke genannt. Jedes Gelenk bildet sich aus dem unteren Gelenkfortsatz des oberen Wirbels und dem oberen Gelenkfortsatz des darunter liegenden Wirbels. Diese Gelenke sind mit Knorpel überzogen und von einer Kapsel umgeben. Jede Gelenkkapsel enthält viele mikroskopische nozizeptive Fasern (Schmerzrezeptoren), sodass diese Struktur eine potenzielle Schmerzquelle darstellt. Wie andere Körpergelenke auch, sind die Facettengelenke für Entzündung und Degeneration anfällig.

Anatomie (Synovialgelenke)

Ein Synovialgelenk, auch als Diarthrose bezeichnet, ist ein frei bewegliches Gelenk. Die Enden der angrenzenden Knochen sind mit Knorpel bedeckt, einer glatten, sehr rutschigen Oberfläche, die es einem Gelenk ermöglicht, sich zu bewegen. Eine dicke Kapsel umgibt das gesamte Gelenk und ist mit einer Synovialmembran ausgekleidet. Die Synovialmembran sondert eine Schmiersubstanz ab, die als Synovialflüssigkeit bezeichnet wird, welche sich immer in der Gelenkhöhle befindet. Die Synovialflüssigkeit hilft das Gelenk zu schmieren, verringert die Reibung zwischen den Gelenkoberflächen und transportiert gleichzeitig Nährstoffe zum Gelenkknorpel.

Anatomie (Synovialzyste)

Wenn das Gelenk degeneriert, kann vermehrt Synovialflüssigkeit produziert werden, um das Gelenk reibungslos in Bewegung zu halten. Durch Überbelastung und Entzündung kann die Gelenkkapsel reißen und sich mit Synovialflüssigkeit füllen. Typischerweise treten solche Zysten in der Kniekehle auf (Baker Zyste).

Anatomie (Wirbelkanal)

Über die gesamte Länge der Wirbelsäule verläuft ein großer zentraler Kanal, der Wirbelkanal oder Spinalkanal genannt wird. Im Bereich der Hals- und Brustwirbelsäule verläuft in diesem Kanal das Rückenmark. Im Bereich der Lendenwirbelsäule enthält der Kanal ein Bündel von Nervenwurzeln. Öffnungen bzw. Löcher an jeder Seite des Kanals, die Zwischenwirbellöcher oder Foramina intervertebralia genannt werden (Austrittstellen zwischen zwei benachbarten Wirbeln), erlauben den Nervenwurzeln von der Wirbelsäule in andere Körperregionen zu gelangen.

Stenose

Unter normalen Bedingungen gibt es im Wirbelkanal genug Raum für die Nerven und für die Nervenwurzeln, die durch die Zwischenwirbellöcher aus der Wirbelsäule austreten. Bei einer Spinalkanalstenose allerdings ist der Raum für das Rückenmark und/oder die Spinalnerven begrenzt. Die Spinalnerven können gegen die Wirbelknochen gedrückt werden, wodurch ihre Funktion beeinträchtigt wird.

Symptome

Die Synovialzyste verläuft häufig ohne Symptome. Die Manifestation klinischer Symptome kann abhängig von der Größe, Lage und Beziehung der Zyste zu den benachbarten Strukturen variieren.

Im Falle einer Spinalkanalstenose im Bereich der Lendenwirbelsäule infolge einer Synovialzyste treten üblicherweise die Symptome bei bestimmten Aktivitäten wie Gehen (Beinschmerzen beim Gehen, auch bekannt als neurogenes intermittierendes Hinken) und Stehen auf. Die Symptome bessern sich meistens in Ruhe (Sitzen oder Liegen) und/oder bei Beugung des Körpers nach vorne, da diese Position den Spinalkanal erweitert.

Die Spinalkanalstenose verursacht oft Schmerzen, Kribbeln, Taubheitsgefühl und/oder Schwäche, die vom Lendenbereich in das Gesäß und die Beine ausstrahlt. In einigen seltenen Fällen kann eine schwere Kompression des Nervenbündels am Ende des Rückenmarks (bekannt als Cauda equina) zu schweren neurologischen Symptomen führen, wie z.B. Störung der Darm- oder Blasenfunktion. Dieses Krankheitsbild wird als Cauda-equina-Syndrom bezeichnet.

Spontane Rückbildung einer Synovialzyste

In der medizinischen Literatur finden sich Berichte über spontane Rückbildung oder vollständiges Verschwinden der Synovialzyste. Der genaue Mechanismus ist unbekannt. Die Rückbildung der Synovialzyste wird auf eine verringerte Produktion von Entzündungsflüssigkeiten und verringerte mikrotraumatische Ereignisse oder auf eine mechanische Reizung der Wand der Synovialzyste zurückgeführt, die zur Extrusion des Zysteninhalts und Auflösung der Synovialzystenwand führen.

Behandlung

Die symptomfreien Patienten bedürfen keiner Therapie. Die Behandlung der schmerzhaften Synovialzyste konzentriert sich auf die Linderung der Schmerzen, die Stabilisierung der Wirbelsäule und die Verbesserung bzw. die Erhaltung der Beweglichkeit. Die konservative Behandlung sollte immer als erste Behandlungsoption betrachtet werden. Diese umfasst eine Kombination aus Ruhe, Stufenlagerung mit angewinkelten Hüft- und Kniegelenken in der Rückenlage (entlastende Lagerung), Analgetika/Antiphlogistika, Wärmetherapie, Einsatz orthopädischer Orthesen und Physiotherapie.

Darüber hinaus können Infiltrationen der Facettengelenke oder epidurale Injektionen mit Kortikosteroiden erwogen werden, um die Entzündung zu verringern und den Schmerz zu lindern. Meistens werden mehrfache Infiltrationen benötigt.

Die CT-gesteuerte Punktion der Synovialzyste sowie die fluoroskopische- bzw. CT-gesteuerte Zystensprengung stellen weitere Behandlungsoptionen dar.

Eine operative Therapie kann empfohlen werden, wenn die konservativen Therapiemaßnahmen zu keiner ausreichenden Schmerzlinderung führen und die Lebensqualität des Patienten beeinträchtigt bleibt oder wenn ein schweres neurologisches Defizit wie progressive Muskelschwäche vorliegt. Das Cauda-equina-Syndrom ist ein medizinischer Notfall und soll dringend operativ behandelt werden.

Der operative Eingriff kann eine mikrochirurgische Entfernung der kompletten Synovialzyste und der Zystenwand mit Dekompression (Hemi-/Laminektomie) umfassen. Bei einer segmentalen Instabilität kann eine Spondylodese im Anschluss an die Entfernung der Synovialzyste erforderlich sein. Synovialzysten können postoperativ rezidivieren.

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